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PinG-Podcast "Follow the Rechtsstaat"

Follow the Rechtsstaat Folge 74

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Stefan Brink und Niko Härting wenden sich in der neuen Podcast-Folge (ab Minute 00.45) zunächst hoch aktuellen Themen zu: In Querbeet geht es um die mutmaßliche neue Bundesdatenschutzbeauftragte Prof. Louisa Specht-Riemenschneider (Uni Bonn, Professur für Datenrecht und neue Technologien), die das Erbe von Ulrich Kelber antreten soll. Über sie sagen beide nur Gutes, über das intransparentes Auswahlverfahren (vgl. Art. 53 Abs. 1 DS-GVO) dagegen weniger Gutes.
Neu ist auch der Auftritt des Bundeskanzlers auf der Social Media Plattform TikTok, das gefällt weder dem Datenschutz, noch wird es der Problematik schädlicher Auswirkungen dieser Plattformen auf Jugendliche gerecht – dazu hat Stefan Brink in FAZ Einspruch geschrieben.
Schließlich freut sich Niko Härting über die jetzt erfolgte Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes durch den Bundestag – eine lange Geschichte voll emotionalen Widerstandes, der verfassungsrechtlich betrachtet wenig Substanz hatte.

Im Zentrum des Podcasts steht dann (ab Minute 23.00.) das Urteil des EuGH vom 11.4.2024 in der Rechtssache C-741/21 (Vorabentscheidungsersuchen des LG Saarbrücken im Verfahren gegen die juris GmbH). Die juristische Datenbank war von einem Rechtsanwalt wegen Direktwerbung trotz Widerspruchs verklagt worden (RA klagt) und trug dagegen vor, die verspätete Berücksichtigung der Widersprüche des Klägers beruhe entweder darauf, dass einer ihrer Mitarbeiter sich weisungswidrig verhalten habe, oder darauf, dass es übermäßig kostspielig gewesen wäre, diese Widersprüche zu berücksichtigen.
Beide Fragen ordnete der EuGH auf Grundlage bisheriger Urteile zu Art. 82 DS-GVO ein – Altbekanntes sozusagen: Dass der bloße Verstoß gegen die DS-GVO nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen, wissen wir inzwischen; auch, dass der – selbst kurzzeitige – Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten einen „immateriellen Schaden“ im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DS-GVO darstellen kann, der einen Schadenersatzanspruch begründet, sofern die betroffene Person den Nachweis erbringt, dass sie tatsächlich einen solchen Schaden – so geringfügig er auch sein mag – erlitten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2024, MediaMarktSaturn, C-687/21). Entlasten kann sich der Verantwortliche durch Verweis auf Fehlverhalten unterstellter Person (Art. 29 DS-GVO) allerdings nicht, Art. 82 Abs. 3 DS-GVO sieht eine Haftungsbefreiung nur beim Nachweis vor, überhaupt nicht verantwortlich zu sein, also auch keine Aufsichtspflichtverletzung begangen zu haben. Schließlich betont der EuGH (erneut), dass die Höhe des Schadenersatzes unabhängig von Schwere und Häufigkeit des Verstoßes gegen die DS-GVO ist – er hat ja nur Ausgleichsfunktion.
So langsam kennen wir uns mit der DS-GVO aus, herzlicher Dank dem EuGH!

Follow the Rechtsstaat Folge 73

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In der neuen Podcast-Folge berichten Niko Härting und Stefan Brink (ab Minute 01:29) über eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 10 A 2.23, Urteil vom 9.11.2023), die den Bundesnachrichtendienst ausleuchtet: Zum Thema „Einzelhintergrundgespräche“ des BND mit Medienvertretern suchte ein Journalist nach Antworten, seinem presserechtlichen Auskunftsanspruch stand dabei der ebenfalls presserechtlich begründete Schutz von Recherche- und Redaktionsgeheimnis gegenüber. Das BVerwG zeigt dabei wenig Mitleid mit dem BND („Ein gewisser Aufwand bei der Ermittlung, Zusammenstellung und Ordnung von Informationen stellt deren Vorhandensein bei der auskunftspflichtigen Stelle nicht infrage“) und wägt die gegenläufigen Interessen gekonnt ab.

Die Entscheidung des LG Mannheim (1 O 99/23, Urteil vom 15.3.24) zur Höhe eines immateriellen Schadens nach Art. 82 DS-GVO ist ohne Zweifel ein Highlight (ab Minute 20:08): Auf 28 Seiten (!) setzt sich das LG mit allen Fragen auseinander, welche eine Datenpanne bei Facebook aufwirft und behandelt insbesondere höchst ausführlich und mustergültig die einschlägige Rechtsprechung des EuGH – um dann sage und schreibe 50 € immateriellen Schadenersatz zuzusprechen. Ein in jeder Hinsicht hervorragendes Urteil.

Schließlich werfen Stefan und Niko noch einen Blick auf das Urteil des LG Düsseldorf (34 O 41/23 vom 7.2.2024, ab Minute 42:06), welches die Verbraucherzentrale BaWü gegen Fashion ID erstritt: Das Unternehmen wird danach verurteilt es zu unterlassen, die Auskunft nach Art. 15 DS-GVO erst knapp zwei Monate später zu erteilen – samt Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000 €. Das Gericht ist der Auffassung, dass es sich bei Art. 12 Abs. 3, Art. 15 DS-GVO um Marktverhaltensvorschriften im Sinne des § 3a UWG handelt, da diese datenschutzrechtlichen Bestimmungen einen wettbewerbsrechtlichen Bezug aufwiesen. Das wird Folgen haben …

Follow the Rechtsstaat Folge 72

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In diesem Podcast dreht sich alles um Art. 15 DSGVO – insbesondere um das „Recht auf Kopie“ (Art. 15 Abs. 3 DSGVO). Niko Härting und Stefan Brink besprechen drei neue Gerichtsentscheidungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Offenbar har der EuGH hat mit seinen drei Entscheidungen zum Auskunftsrecht (EuGH vom 4.5.2023 - C-487/21; vom 22.6.2023 - C-579/21; vom 26.10.2023 - C-307/22) mehr Verwirrung als Klarheit gestiftet.

BGH vom 6.2.2024 – VI ZR 15/23 - Auskunft zur Prämienanpassung (ab Minute 2:05)

Der VI. Zivilsenat des BGH bleibt von der (klägerfreundlichen) EuGH-Rechtsprechung erstaunlich unbeirrt und verneint Ansprüche eines Versicherungsnehmers aus Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO. Der Kläger habe in seinen Klageanträgen die geforderten Auskünfte nicht hinreichend spezifiziert, und es sei auch nicht ersichtlich, welche Kopien der Kläger aus welchen Gründen für „unerlässlich“ zur Ausübung seiner Rechte halte.

OLG Nürnberg vom 29.11.2023 – 4 U 347/21 – Auskunftsansprüche eines Ex-Vorstands (ab Minute 20:30)

Ganz ganz anders das Nürnberger Gericht. Ein Ex-Vorstand listet seitenweise Korrespondenz und Unterlagen für die Zeit seit 2000 auf, die er in Kopie erhalten möchte. Keine Spezifikation. Keine Einschränkung auf Unterlagen, die der Kläger noch nicht erhalten hat. Keine Angaben zur „Unerlässlichkeit“ von Kopien. „Macht nichts“, sagen die Nürnberger Richter und sprechen dem Ex-Vorstand Auskunftsrechte nebst Kopien ohne jedwede Einschränkung zu. Fragen der Erfüllung und der „Unerlässlichkeit“ könnten ja im Vollstreckungsverfahren (§ 888 ZPO) geklärt werden.

VG Berlin vom 6.2.2024 - 1 K 187/21 – Auskunftspflichten einer Behörde (ab Minute 38:53)

Ein Bürger verlangt von einer Behörde in erheblichem Umfang Auskunft und Kopien. Die Behörde wendet ein, dies sei unzumutbar, es gehe „nach einer groben Schätzung (um) weit mehr als 5000 Seiten Akten“.

Man fragt sich bereits, warum sich das Verwaltungsgericht für zuständig hält. Geht es wirklich um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch? Das VG Berlin sagt hierzu nichts, gibt der Klage weitgehend statt, verweist auf strenge Maßstäbe, die für den Einwand der Unzumutbarkeit gelten und die im konkreten Fall nicht erfüllt seien. Anders als der EuGH verlangt das Berliner Gericht auch keine Begründung für die „Unerlässlichkeit“ umfangreicher Kopien. Der Kopieanspruch sei die Regel, nicht die Ausnahme. Verwunderlich.

Follow the Rechtsstaat Folge 71

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In der neuen Podcast-Folge gibt es wenig Licht, dafür einiges an Dunklem. Zunächst berichten Niko Härting und Stefan Brink (ab Minute 1:16) über die Neuigkeiten aus dem Bundesrat: Cannabis kommt, DDG auch, OZG eher nicht. Die BDSG-Novelle läuft, trotz Kritik an der neuen Regelung zu Kreditscoring, welche der SCHUFA am wenigsten Probleme bereitet. Und der x-te Angriff der CDU auf den betrieblichen Datenschutzbeauftragten wurde abgewehrt. Darüber hinaus haben in einem Offenen Brief an Bundesregierung und Ampel-Fraktionen u.a. CCC, noyb und wida/Berlin dringend dafür appelliert, den BfDI rasch nachzubesetzen, die Hängepartie zu beenden und ein transparentes Auswahlverfahren aufzulegen.

Dann geht es um eine bedenkliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 6 C 8.22, Urteil v. 20.3.2024, ab Minute 12:40) in Sachen Informationsfreiheit,
wonach die Erhebung der Postanschrift des Antragstellers nach BIFG und § 3 BDSG zulässig sei. Das überrascht nicht nur wegen der kernigen Aussage, wonach das BIFG anonyme Anträge nicht zulasse (woraus ergibt sich das?), sondern auch wegen einer „innovativen“ Auslegung des Erforderlichkeitsprinzips der DS-GVO. Noch liegt nur eine Pressemitteilung dazu vor, die Urteilsgründe werden interessant werden…

Schließlich werfen Stefan und Niko noch einen Blick auf ein IFG-Verfahren mit dem BVerfG (ab 25:39): Ein Bürger begehrt die Unterlagen eines Fachgesprächs des BVerfG mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), das BVerfG windet sich heraus mit dem Vorbringen, dass „die antragsgegenständlichen Informationen der Vertraulichkeit unterliegen“ und beruft sich u.a. auf den „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ – überraschend. Dem BVerfG sei in diesen Fällen ein zudem ein Beurteilungsspielraum einzuräumen, wie er auch der Bundesregierung im Rahmen der Gefährdung außenpolitischer Interessen zustehe, schließlich stehe man im „Entscheidungsverbund“ mit anderen europäischen Gerichten. Auch das überrascht, galt das BVerfG bislang doch eher als dem EuGH und dem EGMR nachgeordnetes nationales Gericht. Wenn dann noch das „Erstveröffentlichungsrechts des Urhebers gemäß § 12 Urheberrechtsgesetz“ gegenüber dem Bürger in Stellung gebracht wird, muss befürchtet werden, dass Karlsruhe sich von der Idee eines „Bürgergerichts“ verabschiedet hat.
Aber das Ideal eines transparenten Staates ist sicherlich stärker als solche Peinlichkeiten.

Follow the Rechtsstaat Folge 70

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Ein schwuler Anwalt spricht mit einer lesbischen Anwältin. Niko Härting unterhält sich mit Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes Verena Haisch.

Es geht um die Sichtbarkeit von queeren Anwältinnen und Anwälten. Haisch betont, dass die Anwaltschaft ein Abbild der Gesellschaft sein sollte. „Queere Menschen sind überall.“ Daher sollte es gerade auch für junge Juristinnen und Juristen eine Selbstverständlichkeit sein, dass queere Anwältinnen und Anwälte Gesicht zeigen.

Warum aber gibt es eigentlich in der Anwaltschaft so wenige queere Kolleginnen und Kollegen, „die man kennt“? Warum gibt es in den Anwaltsorganisationen beispielsweise keine Präsidentinnen oder Präsidenten, die offen schwul oder lesbisch sind? Warum sind weite Teile der Anwaltschaft nach wie vor sehr weiß, überwiegend männlich und heterosexuell?

Die Frage nach Ehepartnerin und Kindern, wie geht man als Lesbe oder Schwuler mit einer solchen Frage um? Weicht man aus oder erzählt man sehr Persönliches („Ich bin lesbisch, und das ist gut so“)? Verena Haisch berichtet, wie ihr bei der Frage nach dem Ehepartner auch heute noch „warm wird“ – Ausflucht, Outing oder Lüge?

Härting und Haisch sprechen auch über „Diversity“ als Marketinginstrument in internationalen Unternehmen und Kanzleien. Wem gehört eigentlich „Diversity“?

Unter jüngeren Anwältinnen und Anwälten lässt sich ein „Bedürfnis nach Vielfalt“ beobachten. Dies könnte erklären, warum sich der Deutsche Juristinnenbund keine Nachwuchssorgen machen muss, da Vielfalt dort laut Verena Haisch in jeder Hinsicht sichtbar ist.

Follow the Rechtsstaat Folge 69

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In der neuen Podcast-Folge tauchen lauter „alte Bekannte“ auf: Zunächst berichten Niko Härting und Stefan Brink (ab Minute 00:55) über den Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 22.1.2024 in der Datenschutz-Bußgeldsache „Deutsche Wohnen“. Nach der (auch schon von uns besprochenen) Vorlageentscheidung des EuGH (Urteil vom 5. Dezember 2023 [C-807/21]) hat es den Einstellungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 18. Februar 2021 aufgehoben – das LG darf sich jetzt (endlich) mit der interessanten Frage befassen, wie es um die Speicher- und Löschfristen im Bereich der Wohnungswirtschaft steht.

Dann geht es um eine interessante Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (vom 25.10.2023, ab Minute 23:18) in Sachen Informationsfreiheit, die sich mit den Grenzen der Transparenz bei der Auswahl und Ernennung von Honorarprofessoren befasst: Die Uni Heidelberg hatte Rechtsanwalt Stefan Harbarth kurz vor seiner Wahl ans Bundesverfassungsgericht eine Honorarprofessur verliehen, per IFG-Antrag wurden Gutachter und Gutachten im Bestellungsverfahren erfragt. Die Uni Heidelberg lehnte die Auskunft ab, da sie sich im „Kernbereich von Forschung und Lehre“ betroffen fand, das hiergegen angerufene Verwaltungsgericht Karlsruhe sah das allerdings anders: Bereichsausnahmen beim Zugangsrecht der BürgerInnen seien Informationsfreiheits-freundlich eng auszulegen und Auswahl und Namen der Gutachter nicht wissenschaftsrelevant, daher müsse darüber Auskunft erteilt werden. Anders der VGH, der für eine einschränkende Auslegung des § 2 Abs. 3 Nr. 2 LIFG keinen Raum fand. Es konstatierte hier sogar eine Einschränkung der Gesetzgebungskompetenz der Parlamente bei wissenschaftsrelevanten Vorgängen, die durch die grundgesetzliche Garantie der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) geschützt seien – ziemlich forsche Ansage.

Schließlich werfen Stefan und Niko noch einen Blick auf das ebenfalls altbekannte Thema datenschutzrechtlicher Angemessenheitsbeschlüsse der EU-Kommission: Laut Bericht der EU-KOM vom 15.1.2024 zu Angemessenheitsbeschlüssen nach der EU-DS-RiLi 1995 sind alle 11 Altbeschlüsse (u.a. zugunsten von Andorra, Argentinien, Kanada, Israel, Neuseeland, die Schweiz und Uruguay) noch immer ok (ab Minute 36:25). Das erleichtert alle Beteiligten – auch wenn der gestrenge Blick der EU-KOM etwas schulmeisterlich anmutet. Aber: Wiedersehen macht Freude!

Follow the Rechtsstaat Folge 68

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Sölen Izmirli ist Fachanwältin für Verkehrsrecht in Hamburg und setzt sich ehrenamtlich für eine stärkere Vielfalt der Anwaltschaft ein – unter anderem im Ausschuss Gender und Diversity des Deutschen Anwaltvereins.

Man weiß kaum etwas: Der Anteil von Jurastudentinnen und -studenten mit migrantischen Wurzeln ist genauso wenig bekannt wie der Anteil von Anwältinnen und Anwälten mit Migrationsgeschichte. Allerdings gibt es laut Izmirli ein wachsendes Bewusstsein für die vielerorts unzureichende Repräsentanz in Gremien und Organisationen.

Warum eigentlich bleiben junge Anwältinnen und Anwälte beruflich vielfach in ihren Communities unter sich, gründen Kanzleien, die sich an migrantische Mandantschaft wenden?

Izmirli berichtet von dem Gefühl, eine „Exotin“ unter sehr deutschen Berufskollegen zu sein – gerade auch, wenn es um das „gemütliche Zusammensein“ geht, das ein fester Bestandteil von Tagungen und Zusammenkünften ist. Zugleich gehe ihr das Herz aus, wenn sie bei Gericht auf (zu wenige) Richterinnen und Richter mit türkischen Wurzeln trifft.

Sölen Izmirli berichtet auch von Alltagserfahrungen, von Reaktionen der Mandanten, die das erste Mal ihren türkischen Namen hören. Es vergeht keine Woche, in der Izmirli nicht die Herkunft ihres Namens erklären muss: „Es wird impliziert, dass man anders ist aufgrund eines Namens, den nicht jeder aussprechen kann.“

Follow the Rechtsstaat Folge 67

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Die neue Podcast-Folge sorgt für mehr Durchblick: In Querbeet analysieren Niko Härting und Stefan Brink (ab Minute 00:39) die datenschutzrechtlichen Problematiken des Mixed Reality Headsets Vision Pro von Apple und machen darauf aufmerksam, dass der Digital Services Act DSA ab dem 17.2.2024 EU-weit vollständig wirksam wird.

Dann geht es um den „Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes“ (ab Minute 08:41), also um die Novelle des BDSG. Dort wird nicht nur die Konferenz der Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes DSK (denkbar schmalbrüstig) „institutionalisiert“, die Bundesregierung reagiert zugleich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 7.12.2023 (C-634/21 SCHUFA Holding/Scoring) und begrenzt den für Bonitätsannahmen zulässigen Datenraum.

Schließlich werfen Stefan und Niko noch einen Blick auf die erhellende Entscheidung des VG Freiburg (Breisgau) vom 13.11.2023 (Az. 3 K 1381/23, ab Minute 31:11) zu rechtsstaatlichen Regeln bei der Führung elektronischer Behördenakten. Denn auch soweit Verfahrensakten elektronisch geführt werden gelten dieselben rechtsstaatlichen Anforderungen wie bei analoger Aktenführung, wonach Behörden verpflichtet sind, den bisherigen wesentlichen sachbezogenen Geschehensablauf objektiv, vollständig, nachvollziehbar und wahrheitsgemäß zu dokumentieren. Auch die elektronische Akte ist daher weder Abwurfstelle für elektronische Dateien noch digitales Sammelsurium – sondern muss der Behörde, den Gerichten und nicht zuletzt den informationshungrigen BürgerInnen den nötigen Durchblick über Motive, Ablauf und Ergebnisse von Behördenhandeln gewähren.

Follow the Rechtsstaat Folge 66

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„Die Selbstbehauptung des Verfassungsstaates – vom Umgang des Grundgesetzes mit Verfassungsfeinden“. Dies ist der Titel eines Vortrags, den der Würzburger Staatsrechtslehrer (und alte Bekannte aus früheren PinG-Podcasts) Kyrill-Alexander Schwarz vor kurzer Zeit hielt.

Prof. Schwarz berichtet in diesem Podcast von dem großen Interesse, das Studierende derzeit am Staatsrecht zeigen. Sie möchten verstehen, wie sich der Staat gegen Extremisten wappnen kann.

Im ersten Teil des Podcasts (ab Minute 5:15) geht es um Parteiverbote, um die Verbotsverfahren gegen die Sozialistische Reichspartei (SRP) und die kommunistische KPD in den 1950er-Jahren und um die beiden erfolglosen Versuche eines Verbots der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Derzeit wird viel über ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD diskutiert, das man nach Auffassung von Schwarz nicht ausschließen sollte.

Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder haben die Aufgabe, Extremisten zu beobachten und vor ihnen zu warnen. Schwarz und Härting diskutieren (ab Minute 12:03) kritisch über die Rolle und Funktion der Verfassungsschützer und ihre Befugnisse. Als nur schwer kontrollierbarer Teil des Regierungsapparats können sie instrumentalisiert werden, um gegen Oppositionelle vorzugehen. Dass sich etwa der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow noch vor 10 Jahren dagegen wehren musste, als Bundestagsabgeordneter vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet zu werden, erscheint aus heutiger Sicht kaum noch vorstellbar.

Im letzten Teil des Podcasts geht es (ab Minute 23:13) um die „Resilienz“ des Verfassungsstaates. Was ist von Vorschlägen zu halten, das Bundesverfassungsgericht dadurch zu stärken, dass beispielsweise das Erfordernis einer Zweidrittelmehrheit bei der Richterwahl im Grundgesetz verankert und dadurch einer Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) durch einfache Mehrheit entzogen wird?

Follow the Rechtsstaat Folge 65

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Kristina Schröder war von 2002 bis 2017 Bundestagsabgeordnete der CDU und von 2009 bis 2013 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Sie ist heute als Unternehmensberaterin und Publizistin tätig. Meinungsfreudig vor allem in der Corona-Krise, aber auch zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung.

Im Gespräch mit Niko Härting berichtet sie von „Störgefühlen“, die sie bereits zu Beginn der Corona-Krise hatte, als Schulen geschlossen wurden und über lange Zeit geschlossen blieben. Die lange anhaltende Schließung der Schulen hält Schröder bis heute für einen gravierenden Fehler der Politik. Enttäuscht hat Schröder insbesondere auch das Bundesverfassungsgericht, das sich während der gesamten Corona-Zeit weigerte, der Politik „rote Linien“ zu markieren. Dies obwohl es zu Grundrechtsbeschränkungen kam, die in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig waren.

Kristina Schröder kritisiert die verbreitete Geringschätzung der Freiheitsrechte und die zunehmende Tendenz, Grundrechte einem vermeintlichen oder tatsächlichen kollektiven Gut unterzuordnen. Sie befürchtet, dass sich diese Tendenz beispielsweise bei der Klimapolitik fortsetzt, und setzt sich für eine umfassende Aufarbeitung der Corona-Zeit ein.

Die Chancen, kurzfristig durch Einsetzung einer Enquetekommission oder auf ähnliche Weise eine Aufarbeitung zu betreiben, stehen nicht gut. Mit Ausnahme der FDP haben die Regierungsparteien die Corona-Politik der seinerzeitigen Großen Koalition mitgetragen. Dies gilt selbstverständlich auch für Kristina Schröders Partei, die CDU.

Im zweiten Teil des Podcasts (ab Minute 21:47) geht es um das geplante Selbstbestimmungsgesetz, durch das Transmenschen die Änderung des Geschlechtseintrags erheblich erleichtert werden soll, indem nicht mehr verlangt wird als eine einfache Erklärung der Betroffenen beim Standesamt. Kristina Schröder meint, es solle an dem Erfordernis einer doppelten psychologischen Begutachtung festgehalten werden, und begründet dies vor allem mit dem notwendigen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor folgenreichen Fehlentscheidungen. Zugleich betont Schröder den Respekt vor selbstbestimmten Entscheidungen erwachsener Transmenschen. Das „biologische Geschlecht“ könne jedoch nicht einfach hinweggeleugnet werden – ein Einwand, mit dem Kristina Schröder Niko Härting nicht überzeugt.

Über diesen Podcast

„Follow the Rechtsstaat“, der Podcast der Zeitschrift PinG, Privacy in Germany mit Stefan Brink und Niko Härting. Wir kümmern uns um aktuelle Fragen des Rechts, des Rechtsstaats und unserer Verfassung und schauen dabei immer ganz besonders auf die Themen Datenschutz und Informationsfreiheit.

von und mit Prof. Niko Härting

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